Der denkmalgeschützte Innenraum der Hedwigskathedrale, 1963 von Prof. Hans Schwippert geschaffen, seit 2018 geschlossen und im Zuge eines Radikalumbaus in Verantwortung von Erzbischof Koch zerstört.

Sonntag, 24. November 2024

Sankt Hedwig Mitte – Abriss stillos kaschiert

Radikale Reduktion

Der kirchliche, erzbischöfliche Erbbaupächter ließ die einstigen Gemeindekirche von Sankt Hedwig, die aus den Trümmern des Krieges zu einer würdevollen Kathedrale erstanden war, seit 2018 grundlos und mutwillig im Inneren zerstören und überantwortete das Schicksal des Bauwerks einem österreichischen Designer. Dieser durfte hier seinen zwanghaften Trieb nach Reduktion befriedigen. "Radikale Reduktion" ist sein stilistisches Credo. Konsequente Reduktion führt letztlich zum Nichts.

Das Nichts steht für Atheismus

Die Voraussetzung von Bilderstürmerei ist ein künstlerischer Bestand, der allein das Feuer der Vernichtung nähren kann. Die kurzzeitige Hitze nimmt im Verlöschen immer mehr ab. Die Asche verweht und nur Kälte und Kahlheit bleibt.
Das Ziel "radikaler Reduktion" ist die Leere, das Nichts.
Eine hohle Gebäudehülle ohne Inspiration ist die adäquate Heimstatt für Atheismus. Die Leere, das Nichts als beherrschendes Element.

Das Loch von Sankt Hedwig Mitte

Ein Beispiel für das Nichts ist das Loch. Einst verunglimpfte der Kurzzeit-Erzbischof von Berlin, Kardinal Woelki, die zentrale Confessio, die zum Grab des Seligen Bernhard Lichtenberg hinabführt, als "Loch". An dieser zentralen Stelle wurde jetzt das Symbol eines abgeschlagenen Phallus umgedreht und auf einen Pfahl gespießt (s. dazu Anti-Phallus-Kult in Sankt Hedwig Mitte).
Das "Loch" wurde beim Umbau in den Kuppelscheitel der Halle verlegt. Dafür wurde aus formalistischen Gründen eine unnötige Zusatzkuppel als Schwere Stahlkonstruktion eingebaut, die mit Gipskarton kaschiert wurde. Unterkuppel und Dachkuppel sind durch einen drei Meter hohen Blechschlot verbunden. Am höchsten Punkt des symbolischen Himmelsgewölbes ist jetzt ein Loch, das nur den Blick auf Wolken freigibt, wenn der nicht durch Vogelkot getrübt wird.
Das Loch vermittelt deutlich: "Da ist nichts, da ist kein Gott." Das Loch in der Kuppel von
Sankt Hedwig Mitte ist ein perfektes atheistisches Symbol.

(Im Gegensatz dazu gab es in der ehemaligen St. Hedwigskathedrale an gleicher Stelle ein lichtdurchflutetes, mit Kreuz und Stern gegliedertes Opaion. Es trug ein im Stadtraum weit sichtbares Kuppelkreuz, das den senkrecht darunter liegenden Ort der Eucharistie bezeichnete.)

Wie stellt man die Leere dar?

Mit der angestrebten Leere ergibt sich in "Sankt Hedwig Mitte" ein Problem. Nur im Gegensatz zu etwas Substanziellem lässt sich das Nichts erkennen. In der hohlen Halle muss das Nirvana des Nichts durch Innenausbau gefasst werden.
Also verschraubten Trockenbauer Gipskarton, Putzkolonnen verteilten Mörtel, Klempner verlegten Rohre. (Nur in den unzugänglichen Hinterzimmern gönnte sich das Personal furnierte Einbaumöbel. So kann asketisches Image öffentlich weiter zur Schau gestellt werden.)
Im Ergebnis entstand ein billig wirkender gewerblicher Ausbau, wie in Lagerhallen, Baumärkten und Discountläden.
Sankt Hedwig Mitte ist
eine Lagerhalle mit Stuhldepot.
Während die gewerblichen Bauten aber einem stilistischen Konzept folgen, eine Corporate Identity besitzen, ist in Sankt Hedwig Mitte nur Einförmigkeit und Ödnis Programm.

Mit Versatzstücken etwas auflockern

Doch der Horror Vacui und Honorarwünsche lösten wohl die Versuchung aus, hier und da die allgemeine Leere mit Versatzstücken zu füllen, die in den Plänen mit "künstlerisch gestaltet" bezeichnet sind. So ist Sankt Hedwig Mitte nun ein Sammelsurium unterschiedlicher Designkopien aus Kitsch und Kommerz.

 

1.  Fugengewirr als Dekor

Sowohl in der oberen Halle, als auch in der Kellergruft sind die neuen Deckenflächen gekrümmt. Die Formen wurden preissparend und effizient als geodätische Kuppeln aus ebenen Teilflächen in Gitternetzen gebildet. Die Knicklinien des Gipskartons oder der Betonschaltafeln sollen kaschiert werden. Das geschieht zum einen durch Gipsleisten, zum anderen durch vertiefte Rillen. Die aus dieser technischen Notlösung entstandenen Muster werden als Dekor deklariert. Wer das für Gestaltung hält, hat sich täuschen lassen.

Das Design alltäglicher Produkte auf der Straße oder im Discounter ist phantasievoller. Die Grafik zeigt einen Vergleich.

2024_Sankt Hedwig Mitte Berlin_
Fugengewirr als Deckendekor_
Bautechnologische Vorgaben von Fertigteilen
werden als "Gestaltung" ausgegeben 


2.  Ein Kreuzweg aus Trittsteinen im Fußboden

Eigens für die einstige, von Tageslicht erfüllte Unterkirche, die nun zerstört ist, schuf der Josef Hegenbarth, sein letztes Werk, einen Zyklus von Kreuzwegbidern. Diese ergreifenden Darstellungen wurden entfernt, um stattdessen 14 Fußbodenplatten mit unterschiedlichen Rillen als Kreuzweg auszugeben. Sollen die Besucher dieser neuen Taufgruft mit ihren Schuhsohlen den Stationen des Leidenweges Christi nachspüren? Dann gibt es auch auf sanierungsbedürftigen Gehwegen etliche sakrale Betonplatten. Das vorab vom Erzbistum Berlin bekanntgegebene Gestaltungskonzept wird in einer mögliche Animation gezeigt und in der Grafik mit beschädigten Gehwegplatten verglichen.

2024_Sankt Hedwig Mitte Berlin_Kreuzweg_
Das Leiden Christen als Reihe von Fußabtretern

3.  Verflochtene Leiber an der Wand der Monstranzkapelle

Im Schrottcontainer eines Krematoriums werden die Kreuzverzierungen der Särge gesammelt, da sie nicht verbrennen. Den Besuchern der neuen Monstranzkapelle wird nun vor Augen geführt, dass von Christen nichts übrigbleibt, als die in Massenproduktion gefertigten Christusfiguren. Dieser Schrott wird kreuz und quer auf der Wand einer ehemaligen Gruft in Sankt Hedwig Mitte drapiert. Ein fatales Bild der Hoffnungslosigkeit für Menschen, die daran glauben wollen, dass sie als Individuen von Gott gesehen werden und aufgehoben sind. Zur deprimierenden Vielzahl der Schrottkreuze kommt noch die verhöhnend wirkende Verquirlung der ehemals sakralen Figuren. Die Monstranzkapelle ist von monströser Geschmacklosigkeit. Man meint in eine Grube zu blicken, auf deren Grund viele tote Insekten oder Reptilien kleben. Weitere Assoziatonen zeigt die Grafik.

2024_Sankt Hedwig Mitte_Monstranzkapelle_
Dutzende Figuren verflochtener Leiber
kleben an der Wand

 

Am 24.11.2024 feiern sich die Umbauverantwortlichen in einer geschlossenen Veranstaltung selbst. Am darauffolgenden Tag, dem 25.11.2024 – mehr als sechs Jahre nach der Schließung der St. Hedwigskathedrale wird das radikal umgebaute Gebäude, das zerstörte Denkmal, als profan nutzbare Veranstaltungshalle für Besucher geöffnet. Die Leitung des Erzbistums Berlin hatt sich in herausfordernden Zeiten für mindestens 78 Millionen Euro eine Aufsehen erregende Repräsentanz und Penthouses in Citylage für das Spitzenpersonal schaffen wollen.

Für viele Katholiken gibt es in Berlin nun keine Kathedrale mehr. Alle Berliner und Besucher der Stadt haben ein bedeutendes Denkmal deutsch-deutscher Gemeinschaft in Zeiten der Teilung verloren. Die Vernichtung dises Denkmals wurde von Bund und Land Berlin mit einem Drittel der Kosten aus allgemeinen Steuermitteln gefördert. Die rücksichtslose Durchsetzung dieses Radikalumbaus durch die Kirchenherrscher ist ein präpotentes Zeichen für Machtanspruch und Spaltung.


Samstag, 23. November 2024

Klais-Orgel der Hedwigskathedrale von 1978 verschrottet?

Was geschah mit der Großen Klais-Orgel der St. Hedwigskathedrale von 1978?
Vollmundig wurde vom Erzbistum Berlin seit Jahren behauptet, man würde die Orgel demontieren und lediglich während der Umbauzeit auslagern. Doch nun ist eine andere Orgel in der neuen Veranstaltungshalle zu sehen.
In den aktuellen Verlautbarungen wird eine klare Aussage vermieden, ob ein Wiedereinbau oder ein Neubau erfolgte. Wo die Wahrheit vorenthalten wird, geht Glaubwürdigkeit verloren. 

Bereits an den Umbauplänen seit 2014 war zu erkennen, dass für den Wiedereinbau der Platz fehlen würde. Anstelle des zentralen Mitteleingangs, ist die Blechröhre installiert worde, durch die die Kellerstiege in die Taufgruft führt (s. Abb. unten). Dieser Metallkonstruktion musste die Orgel ausweichen. Zudem war unter der Orgel noch ein mehrstufiges Chorpodest vorgesehen. Doch von den Verantwortlichen wurde nicht eingestanden, dass all dies eine andere Orgel zur Folge haben würde.
In der Genehmigungsplanung war zeichnerisch von den Bauplanern vorgegeben worden, die Orgel ließe sich um einem Meter nach vorn und einen Meter nach oben versetzen. Der Orgelbauer hatte offensichtlich eine andere, fachlich begründete Meinung und baute eine neue Orgel.

Die erheblichen konstruktiven Unterschiede der Klais-Orgeln von 1978 und 2024 sind augenfällig

Orgelfreunde sollten sich bei den Verantwortlichen erkundigen, wie ernst die päpstliche Enzyklika "Laudato si’" genommen wird. Fühlt die Katholische Kirche sich nicht dem Gebot der Nachhaltigkeit verpflichtet, um einen Beitrag zur Erhaltung von Gottes Schöpfung zu leisten? Welche Bestandteile der ausgebauten Orgel wurden tatsächlich wiederverwendet. In welchem prozentualen Umfang ist der Bestand erhalten worden. Es ist zu sehen, dass die Windzuführung neu ist, und damit das wesentliche Gerüst des komplexen Instruments, der aufwendigste Teil der Gesamtvorhabens. Sind wenigsten Pfeifen erhalten geblieben oder ist nur das geschmolzene Metall recycelt worden.

Wie hoch sind die Kosten für die Veränderungen? Wo bleibt die Transparenz, von der die Verantwortlichen öffentlich gern reden?

 

Ein Blick hinter die Kulissen

Der Einbauort der Orgel auf der Baustelle "Sankt Hedwig Mitte" im September 2023:

Wie ein Lindwurm kriecht die Treppenröhre zwischen den Stahlträgern für die Schwalbennestorgel in die Kellergruft und nimmt der Orgel den Platz. Links und rechts ist zu sehen, dass die ehemaligen Säulen bereits mit Gipskartonelementen zu rohrartigen Stützen entstellt wurden.

 

Sonntag, 17. November 2024

Anti-Phallus-Kult in Sankt Hedwig Mitte

Symbolik des zentralen Designobjekts in Sankt Hedwig Mitte

Am Kirchweihtag 2023 wurde in der durch inneren Abriss ruinierten ehemaligen Hedwigskathedrale in Berlin ein Designobjekt als Altar geweiht, das nach römisch-katholischen Kriterien nicht als solcher gelten kann. Die Form steht nicht für die komplexen theologischen Bedeutungen eines Altars (Tisch, Thron, Neuer Bund und massiver Block, der Opfer, Grab und Erlösung symbolisiert).
Bisher wurde nur über das Material (Terrazzobeton) und die dem Zement beigemengten Zuschlagstoffe des Objekts referiert. Wichtiger ist aber die Frage, was die umgestürzte runde Form, die ohne Halt schwanken würde, symbolisieren soll.

Ein abgeschnittener, umgekehrter Phallus als Altar?

In der sterilen Atmosphäre einer Trauerhalle bildet ein von Stuhlreihen umringter Betonblock das zentrale Objekt aller Aufmerksamkeit. Dessen Gestalt ist im asiatischen Raum bereits als Lingam religiös besetzt. Mit der gerundeten Form wird hier das hinduistische, phallische Symbol, das für die schöpferische, fruchtbringende Kraft Shivas steht, kopiert und ins Gegenteil verkehrt. Hier wurde der Phallus abgeschlagen und stürzte hinab. Das abgehackte Stück wird als Fanal bodenwärts aufgespießt, in die Tiefe gerichtet, in den Orkus.

Schnittwunde ist Ort der kultischen Handlungen

Die Schnittfläche ist zum Ort der Zeremonien bestimmt. Dadurch wird die Abtrennung zur Hauptsache stilisiert. Nur durch eine symbolische Kastration erwirbt die Priesterschaft das Privileg, sich dieser Schnittwunde, die von ihrem Oberhaupt mit geweihtem Öl gesalbt wurde, zu nähern, sie zu berühren und sogar zu küssen.
Soll das bedeuten, dass im Katholizismus nur der Entmannte als rein und würdig
gilt, Verehrungsakte zu vollziehen. Symbolisch entmannte Männer zelebrieren Feierlichkeiten, betonen ihre Andersartigkeit, feiern sich damit selbst.

Das betende Volk umringt in feierlicher Demut, unter Führung symbolisch kastrierter Priester, den abgeschnittenen, gestürzten Phallus.

Ein Symbol für aggressiven Feminismus?

Das zentrale Kultobjekt der patriarchalen Kirche Berlins im Ergebnis des Kathedralumbaus ist das destruktive Symbol der Kastration. Es ist das Bild für brutale Entmannung in der Phantasie von aggressivem Feminismus – der abgehauene, zu Boden geworfene Penis. 

Erläuterung der Grafik

Hinduismus

Phallus als Lingam
–  aufrecht stehend, gen Himmel aufragend
–  schöpferische Kraft, lebensspendend, fruchtbringend

Von Frauen und Männern verehrt,
mit Flüssigkeiten belebt, mit frischem Wasser gereinigt
und mit farbigen Blumen geschmückt.

Katholizismus
Erzbistum Berlin

Gestürzter phallischer Altar
–  abgeschnittener, umgekehrter Phallus
–  in die Tiefe gerichtet, in die Unterwelt

Ein destruktives Symbol der Kastration:
Erschlaffte Kraftlosigkeit vermittelt Weltabgewandtheit,
Versenkung in den Untergrund.

Resümee

Von Stühlen umringt,
inmitten der Menge –
ein abgeschnittener Phallus
bodenwärts aufgespießt.
Eunuchenkult?