Der denkmalgeschützte Innenraum der Hedwigskathedrale, 1963 von Prof. Hans Schwippert geschaffen, seit 2018 geschlossen und im Zuge eines Radikalumbaus in Verantwortung von Erzbischof Koch zerstört.

Mittwoch, 29. November 2023

Ein halbes Ei in Sankt Hedwigs Mitte

Die Form folgt dem Namen

Wer "Koch" hört, denkt unwillkürlich ans Essen, an Speisen, Zutaten und Küchengerät. Womöglich erging es auch den Planern des Radikalumbaus der Hedwigskathedrale so, als sie den Namen des Auftraggebers erfuhren. Bauherren möchten gern der Nachwelt ein Zeugnis ihres Wirkens hinterlassen, das an sie erinnert, womit sie sich "verewigen" können.Vielleicht glaubten die Gestalter diesem Bestreben entgegenzukommen, wenn Formen des Neubaus an den Namen des Geldgebers denken lassen. 

Die beim Bau des Katholischen Forums "Sankt Hedwig Mitte" gewählten Formen können wohl auch als dankbare Referenz an den großzügigen Auftraggeber und Finanzier verstanden werden. Der Familienname des Investors "Koch" bietet sich für derlei Avancen geradezu an. Der Architekt der neuen Residenz des Auftraggebers an der Französischen Straße gestaltete diese augenfällig als Kochmütze ("Kochhaube als Kochs Haus"). 

So wollte womöglich der Gestalter der neuen Innenausstattung von Sankt Hedwig den Arbeitsplatz des Erzbischofs mit dem Namen "Koch" kulinarische Assoziationen wecken. Das Betonobjekt in der Mitte der Halle erinnert an ein halbes Ei, eine unverzichtbare Zutat beim Kochen. Genauso ließe sich die in Raummitte installierte Figur als Salatschüssel, Kochtopf oder Wok deuten. Dem Vernichter des Ererbten und Verantwortlichen für den Ersatz soll mit deutlichen figurativen Hinweisen auf seinen Namen "Koch" ein Denkmal gesetzt werden. Jeder, der künftig das riesengroße halbe Ei wahrnimmt oder es als Schüssel deutet, denkt unwillkürlich an einen Koch, der alles eingerührt, die Suppe eingebrockt, die Vorräte aufgebraucht und Dutzende Millionen Euro verbraten hat. (Inzwischen räumen die Bistumsverantwortlichen den Anstieg der voraussichtlichen Umbaukosten auf mind. 66 Mio. Euro ein. Obergrenze ist ungewiss.)

Der Name „Koch“ provoziert kulinarische Assoziationen:
Der Altar wird als halbes Ei geformt.


 

Der heikle Tanz ums halbe Ei

Es ist kaum vorstellbar, dass diese formale Peinlichkeit noch zu steigern wäre. Aber in Ermangelung von Wesentlichem und Ernsthaftem wird das Läppische von den Bistumsverantwortlichen noch verherrlicht. Das Objekt mit der banalen Form eines halben Eis soll eigentlich als Altar genutzt werden; als "Tisch des Herrn", als Platz des eucharistischen Opfermahls, als Ort der Wandlung von Brot und Wein in einer katholischen Messfeier. Doch seit Monaten wird das halbe Ei selbst, theologisch unangemessen, mit Bedeutung überladen. 

Beim Gottesdienst auf dem Bebelplatz zum Fronleichnamsfest 2022 wurde zu einer Sammlung von Steinen aufgerufen. Eine Reihe von Pressemitteilungen und Predigten des Berliner Erzbischofs befassen sich geradezu exzessiv mit den Steinen, die für "lebendig" erklärt wurden. Dabei sollen sie nur als Zuschlagstoffe dienen, die für den Guss einer Halbkugel in einen Betonmischer geworfen werden. Das halbe Ei aus Beton, mit dem für Terrazzobeton typischen Materialmuster, wird zum Kultobjekt stilisiert, als Fetisch verehrt und zu einem Idol erhöht. 

In Wirklichkeit ist es lediglich eine geometrische Betonform, die am Boden einer gestaltlosen, tristen Kuppelhalle montiert wurde. Sie ist im Zirkelpunkt des runden Raumes platziert. Alles dreht sich um dieses Objekt und jeder muss sich darum im Kreis bewegen. Ein jeder konnte am Schöpfungsprozess des halben Eis teilhaben, konnte seinen Stein, Kiesel oder Hühnergott einbringen, den man dann im geweihten Altar suchen und wiederfinden soll. 

Erzbischof Koch sucht mit seinem bischöflichen Mitbruder dessen Steinchen im Betonblock
 

So schufen sich einst auch die Israeliten selbst ihr Kultbild, weil sie nicht auf Gottes Offenbarung warten wollten, die Moses in Aussicht stellte. Statt Steinen gaben sie Aaron ihren Schmuck und Ohrringe, der aus dem wertvollen Material ein Gottesbild herstellte, "ein gegossenes Kalb" (2.Mose 32,1-29). Um dieses vom Volks selbst geschaffene Götzenbild, das "goldene Kalb", wurde getanzt. Vor ihm wurde geopfert und in ihm sollte Gott verehrt werden. Der vermeintliche Gottesdienst wird zum Götzenkult der eigenen Macht und Herrlichkeit. Was Aaron tat, war nicht im Sinne des Herrn. 

Das halbe Dinosaurier-Ei in der großen Leere der tristen Kuppelhalle wird selbst zum Kultobjekt.
 

Aber Aaron findet auch in der heutigen Zeit Nachahmer, wie Heiner Koch. Die traurige Geschichte der Hedwigskathedrale ist ein Beleg dafür. 

Heiner Koch wird wohl noch einige Mühe mehr haben mit diesem halben Ei aus Terrazzobeton.