Miserables Bauen verdient keine Aufmerksamkeit.
Der unsägliche Radikalumbau der Hedwigskathedrale ist hier bereits über Gebühr erörtert worden.
Umbauabsicht, Wettbewerb, Planung, Abrissexzesse, Bauausführung sind fachlich eingehend beurteilt und kritisiert worden.
Die zu Tage getretenen Absurditäten ließen sich im Laufe de unendlich verzögerten Bauzeit nur noch satirisch thematisieren.
Im Ergebnis werden die kirchlichen Verantwortlichen das ehemals pulsierende Herz der Glaubensgemeinschaft zu einem seelenlosen Ort werden lassen, zur Repräsentanz einer machtbeanspruchenden Institution und ihrer Spitzenfunktionäre. Die durch materielle Vernichtung und geistige Auslöschung erzeugte Leere wird sich wohl auf das Gemüt etwaiger Besucher übertragen, wenn das jahrelang geschlossenen Objekt irgendwann öffnen sollte.
Es ist aber nicht nur das Innere der ehemaligen Sankt Hedwigskathedrale völlig entstellt worden. Diesem Anblick könnte sich ein jeder leicht entziehen, der das Eintreten vermeidet. Doch die Zerstörungsphobie der Umbauverantwortlichen erstreckte sich auch auf das Äußere, das denkmalgeschützte Erscheinungsbild im historischen Stadtkern. Die von den Umbauern ausgelöste substanzfressende Infektion kroch von Innen durch alle Bauwerksöffnungen und verschlang Tore, Türen, Fenster, die Gliederung der Kupferdachdeckung und das krönende Kuppelkreuz. Die aufgerissenen Löcher sollen mit Klarglas, Milchglas und Plastik wieder verschlossen werden. Der Baukörper wird mit kahlem Kopf, dunklen Augenhöhlen und aufgerissenem Mund wie ein gigantischer Totenschädel wirken, der kulturvolle Passanten erschaudern lässt.
Peinliches und Lächerliches sollte angesprochen werden.
Auch wenn die ganze Angelegenheit unendlich traurig ist, drängen sich immer wieder lächerliche Peinlichkeiten in den Blick. Wer vom Alexanderplatz auf dem Weg zum Brandenburger Tor ist, wird sich beim Betrachten der Stadtsilhouette die Augen reiben. Zwischen den neugotischen Filialtürmchen der Friedrichswerderschen Kirche, den Türmen des deutschen und französischen Doms und der mächtigen Kuppel des Berliner Doms scheint ein grünes Ei zu liegen. Oben ist ein Loch zu sehen, dass mit einer milchigen Haut überspannt ist. Ist es der Dottersack einer im Ei befindlichen Kreatur, die bald schlüpfen wird. Ein verstörender Anblick. Diese fremdartige Figur scheint zur Promotion für eine Fortsetzung von "Jurassic Park" aufgestellt worden zu sein. Ein Ei inmitten der Stadt kündet den nächsten Auftritt der Dinosaurier an.
Doch leider ist es keine temporäre Kinowerbung, sondern das, was Erzbischof Koch und seine Gefolgsleute der Stadt auf Dauer zumuten. Die Eierei des Erzbistums Berlin ist Prinzip und das Ergebnis wird bis zum hoffentlich baldigen Umbau, vielleicht durch andere Nutzer, das Stadtbild verschandeln.
Der peinliche Umbaus provoziert dabei immer neue Assoziationen, die das Lächerliche dieser exorbitanten Geldverschwendung verdeutlichen.