Der denkmalgeschützte Innenraum der Hedwigskathedrale, 1963 von Prof. Hans Schwippert geschaffen, seit 2018 geschlossen und im Zuge eines Radikalumbaus in Verantwortung von Erzbischof Koch zerstört.

Donnerstag, 25. Juni 2015

Umbauentwürfe gehören ins Archiv der Fehlversuche


Bilderausstellung im Kathedralforum St.Hedwig Berlin "St.Hedwig im Wandel"
Ausstellung bietet den Spaß, die Blamage des fehlerhaften Siegerentwurfs zu erleben


Ein Kuckucksei
Die Ausstellung im Kathedralforum zeigt die Baugeschichte der St.Hedwigs-Kathedrale. Die Tafeln des prämierten Wettbewerbs-beitrags von 2014, die mit ausgestellt werden, erweisen den Umbauvorschlag als Missverständnis zwischen den wichtigen historischen Dokumenten. Sie wären besser im Archiv der Fehlversuche aufgehoben, um in 48 Jahren beim 100. Jubiläum der Altarweihe als Kuriosität herausgesucht zu werden. 

Anders als im Prospekt angekündigt, ist keine „aktuelle Umgestaltungsplanung“ zu sehen [1], an der seit nunmehr 6 Monaten für die vom Erzbistum freigegebenen 1,5 Mio. Euro gearbeitet worden sein soll. Stattdessen werden wieder nur die 12 Monate alten Wettbewerbsentwürfe ohne Kostenangaben gezeigt. 
Wer über diese störende Umbauwerbung hinwegsieht, wird in der aufschlussreichen Ausstellung im Kathedralforum St.Hedwig Berlin (Kurator: Konstantin Manthey) nachvollziehen können, wie die St.Hedwigs-Kathedrale ihre jetzige Gestalt gewann. Die moderne Bischofskirche, deren Innenraum als erster in Deutschland nach den Prinzipien des II. Vatikanischen Konzils gestaltet wurde und auch weiterhin den modernen Kirchenbau inspirieren wird.


Ein Treppenwitz
Der in der Ausstellung vermittelte Überblick macht es sehr deutlich –
die Baugeschichte von St.Hedwig war bisher ein ernst-haftes Ringen um die Bewältigung wichtiger Bauaufgaben. Dagegen wirken die Umbauphantasien von 2014 wie Kopfgeburten ohne Körper, da sie ohne echte Gründe ersponnen wurden. Hier wollte ein kurzfristiger Gast auf dem Bischofsstuhl sich im Vorübergehen ein Denkmal setzen. 

Doch die „Woelki-Arena“ ist nur ein Treppenwitz in der Baugeschichte von St.Hedwig. Diese spontane Umbauidee aus dem „Praktikum“ des Kölner Kardinals sollte genauso still „zurückgestellt“ werden, wie sein Plan, das Erfurter Priesterseminar zugunsten eines neuen in Berlin abzuwickeln. [2] [3]


Der Umgang mit Kardinal Woelkis Hinterlassenschaft
Bisher hatte Erzbischof Koch noch keine kirchenrechtliche Gelegenheit, die geldverschwendende Umbauplanung zu stoppen, da der Vakanzleitung bis zum September die Möglichkeit bleibt, sich an Woelkis Erbe zu klammern.
Wie seit einem Jahr, kann weiterhin ernsthafter Dialog verhindert werden. Jeder, der „des Kaisers neue Kleider“ als das bezeichnet, was sie sind, wird als Bösewicht betrachtet. Deshalb war die öffentliche Klage Erzbischof Kochs über einige stillose Zuschriften unglücklich („sind schon scharf, drohen scharf“ [4]) . Ein paar Internet-Trolle, die nur beleidigen wollen, verdienen keine mediale Aufmerksamkeit. Dem Gespräch mit wohlwollenden Kritikern der Abrisspläne der Innenausstattung unserer Bischofskirche sollte nicht Zeit und Kraft entzogen werden.
Wer argumentativ für die respektvolle Sanierung der Kathedrale eintritt, darf nicht mit Drohbriefschreibern gleichgesetzt werden.

Solange die Umbaupläne nicht ad acta gelegt sind, werden die Wettbewerbstafeln von 2014 wohl von der hochwertigen Ausstellung ablenken. Damit bietet sich den Besuchern aber auch nach elf Monaten endlich die Chance, im anregenden Gedankenaustausch das zu beurteilen, was im Juli 2014 in der Kathedrale nur still betrachtet werden konnte. Zur Diskussion über die Zukunft ihrer Kathedrale haben die Gläubigen nun elf Wochen lang Gelegenheit. Der Jury, bestehend aus 19 zugereisten und ortsansässigen hohen Persönlichkeiten, blieb an einem einzigen Sommertag des Jahres 2014 neben den Mahlzeiten und allgemeiner Konversation nur die Zeit für ein paar Rundgänge, um über Sanierung oder Abriss des Inneren der Kathedrale zu entscheiden.
Über ihren Geschmack lässt sich nicht streiten. Aber als sie den Siegerentwurf kürten, waren manchen Experten verfahrensrechtliche, fachliche und sachliche Fehler entgangen, andere sahen wohl einfach darüber hinweg.


Ein Spaß für Besucher – Schnitzeljagd nach den Schnitzern im Siegerentwurf
Wenn die Ausstellungsbesucher kurz hinwegsehen über die Übel, die durch den Realisierungswettbewerb entstanden sind (bisherige Geldverschwendung, Sanierungsverzögerung, öffentliche Herabsetzung der Kathedrale, Spaltung der Gemeinden, Blamage vor Fachleuten etc.), kann die genaue Betrachtung des Siegerentwurfs ein köstlicher Spaß sein. Mit Lineal und Lesebrille ausgestattet wird man sich über die Fehler amüsieren können, die die Professoren nicht erkannten. Ein Wermutstropfen ist es, dass die Finder der Fehler nicht so schöne, große Geldprämien erhalten werden, wie die Jurymitglieder, die nichts fanden. Doch in christlicher Bescheidenheit wird den Gläubigen das Vergnügen genügen.

Um den Bauinteressierten nicht die Entdeckerlust zu nehmen, wird die Auflösung der Fehlersuche in einem separaten Beitrag präsentiert.
Natürlich finden sich schon bei der Durchsicht bisheriger Beiträge im Archiv dieser Internetseite viele Hinweise (s. unten [6] und auch – Blog-Archiv 2014 und 2015 – 33 Beiträge).

Woelkis wehmütige Waisen
Während die Zeichnungen nicht zu sehen waren, konnte niemand auf die offensichtlichen Schwachstellen deuten. Kritische Nachfragen wurden von den Nachlassverwaltern der kurzen Amtszeit Kardinal Woelkis ignoriert.[5] Jene allein Zurückgebliebenen, die Kardinal Woelki zuvor in verantwortliche Ämter hob, wollten sich wohl die Erinnerungen nicht trüben lassen und den Umbauplan als Pfand behalten. Hoffentlich erweisen sich diese Gegner der bestehenden Kathedrale, die schon ungeduldig auf Spitzhacken und Presslufthämmer warten, nicht als Spielverderber und lassen die Zeichnungen des Siegerentwurfs wieder aus der Ausstellung entfernen. Aber damit würde die Vakanzleitung die Arbeit des Kathedralforums bevormunden und das hier Ausgeführte vollauf bestätigen, was bisher peinlich vermieden wurde.

Deshalb sollten sich Interessierte die Ausstellung nicht entgehen lassen. Neben viel Wissenswertem und künstlerisch Wertvollem gibt es auch einiges zu lachen.




Quellenhinweise

[1]  Prospekt zur Ausstellung, Ausschnitt - Kurzbeschreibung des Inhalts, in der auf "aktuelle Umgestaltungsplanung" verweist, während tatsächlich wieder nur die fehlerhaften Entwürfe von 2014 und keine aktuellen Pläne mit Kostenangaben zu sehen sind.


















[2]  Kardinal Woelkis „Berliner Praktikum“ und „Lehrjahre“ - in Artikeln und Publikationen zum Thema verwendete Bezeichnungen ( s. Kölner Stadtanzeiger 06.01.2014; domradio.de 11.07.2014; diomira-die Kirchensuchmaschine 12.07.2014; Würzburger Katholisches Sonntagsblatt 15.07.2014 etc.)

[3]  Mitteilung zu Kardinal Woelkis Plan eines Berliner Priesterseminar aus dem Referat des Sekretärs der DBK, P. Dr. Langendörfer SJ vor der Vollversammlung
des Diözesanrats im Erzbistum Berlin am 18.04.2015

[4]  Zitat Erzbischof Kochs in seiner ersten Pressekonferenz in Berlin am 17.06.2015

[5]  Konvolut von Schreiben (Juli 2014 bis März 2015) von Gläubigen und den Freunden der St.Hedwigs-Kathedrale, mit denen sachliche Informationen und Korrekturen der offensichtlichen Fehler erbeten wurden, auf die jedoch vom Erzbistum Berlin nicht eingegangen wurde.

[6]  Erhellende Links auf Fehler des Siegerentwurfs:

2014/07/27_Siegerentwurf-unzulaessig--Rechtsverstoss-Treppe-ohne-Kopfhoehe

Montag, 22. Juni 2015

Falsch verstanden – der Dompropst und die Asche

Wie der Dompropst eine Ausstellung zur Baugeschichte als Umbaubegründung instrumentalisieren möchte

Prolog – Die Ausstellung
Am 21. Juni 2015 wurde eine sorgfältig aufbereitete und sehr informative Bilderausstellung eröffnet, die mit wissenschaftlicher Akribie die Baugeschichte der St. Hedwigs-Kathedrale anhand von Zeichnungen und Fotos illustriert (Kurator Konstantin Manthey).
Leider trägt diese Schau des Kathedralforums St. Hedwig Berlin den missverständlichen Titel „St. Hedwig im Wandel“, der reflektierende Gedanken provoziert. Mit dem Begriff „Im Wandel“ wird die eigentlich von Erfordernissen bestimmte Entwicklung eines Kirchenbauwerks irreführend beschrieben. Wandelnd, changierend und wechselhaft sollten profane Gebäude sein, die aus Profitgründen permanent um Aufmerksamkeit buhlen müssen.
Ausdrücklich auszunehmen ist eine künstlerische Arbeit von Diana Obinja, die in die Ausstellung eingebunden wurde. Eine Fotoserie veranschaulicht die Vielfalt des Möglichen und das Wechselvolle eines Tages am Wandel der Lichtstimmungen des Oberlichts der Kathedrale. Für dieses Kunstprojekt „St. Hedwig_24 Stunden“ wäre „Im Wandel“ eine passende Titelalternative.

Das Grußwort von Dompropst Prälat Rother
Als Vertreter des Metropolitankapitels und Gegner der bestehenden Kathedrale richtete Dompropst Rother ein Grußwort an die Gäste der Ausstellungseröffnung. Viel ist nicht in Erinnerung geblieben. Das Treffendste, was der Theologe zu berichten wusste, bezog sich auf Metereologie, also auch etwas Überirdisches: Der Tag des Ausstellungseröffnung sei der längste Tag und damit der Sommeranfang.

Seine Worte zur Ausstellung kreisten um die Suche nach einem Grund für einen baulich unnötigen Umbau. Aquarelle der Bauruine machten deutlich, dass die Zerstörung durch Bomben des letzten Krieges den Wiederaufbau der Kathedrale notwendig werden ließ. Doch woher einen Grund für Abriss und Neuaufbau nehmen, wenn Fremde keine Katastrophe verursachen?

Wer nicht weiter weiß und keine Argumente hat, verunglimpft seine Kritiker. Was aber tun, wenn sich Diejenigen, die für den Erhalt der Kathedrale eintreten und nichts Intaktes abreissen wollen, auf wissenschaftliche Erkenntnisse, christliche Moral und gesunden Menschenverstand beziehen? Prälat Rother behauptete kurzerhand, wer so argumentiert, benutze dafür Zitate, die aus dem Zusammenhang gerissen wären. Das sei falsch, stellte der Dompropst fest, und riss selbst ein Zitat des Papstes aus dem Zusammenhang (wogegen der Papst sich leider nicht wehren konnte):

„Falsch verstandene Tradition ist Treue zur Asche.“

Bei der Auswahl von Sentenzen sollte besser auch folgendes Zitat beachtet werden „Falsch genutzte Zitate sind Zeichen für Torheit.“
Wie dem auch sei.

Nun besagt die Goldene Regel, als Grundsatz praktischer Ethik: „Behandle andere so, wie du von Ihnen behandelt werden willst.“ Deshalb ist das Zitat von der "Asche", das der Dompropst gegen andere vorbringt, prüfend auch auf ihn selbst zu beziehen:

Der Dompropst, falsch verstandene Tradition und die Asche

Wieso erklärt jemand öffentlich, Tradition falsch zu verstehen und wählt ein Zitat, in dem das Wort „Asche“ enthalten ist?
Träumt das Unbewusste von echten Gründen, für das ersehnte Spiel mit Umbaumodellen? „Asche“ ist das Resultat eines Ereignisses, das Immobilienspekulanten als „heißer Abriss“ bezeichnen.
Dieses Wort vom Verbrennungsrest benutzte übrigens derselbe, der über den neuen Erzbischofs von Berlin nach dessen Ernennung sagte: 
„Hoffentlich verbrennt er sich nicht die Finger dabei !“ (Dompropst Rother am 8. Juni 2015 über Erzbischof Koch [1[) 
Die Affinität zu Feuer und Flammen beim Leiter des Domkapitels ist beunruhigend.

Sollte man Brandwachen organisieren, um einem spontanen Feuer zu begegnen, das die Kathedrale umbaureif machen würde?

Epilog
Zum Ruhestand lassen sich für jeden freundliche Worte der Dankbarkeit finden, solange aber jemand verantwortlich agieren will, muss dessen Reden und Handeln auch kritisch beurteilt werden.



[1]  Öffentliche Bekanntgabe der Wahl von Dr. Heiner Koch zum Erzbischof von Berlin