Jesus reinigte den Tempel
Johannes berichtet im zweiten Kapitel
seines Evangeliums (Verse 13 bis 16), wie Jesus den Tempel von unangemessener
Nutzung reinigte. Er vertrieb Geldwechsler und Händler, die dort Geschäfte
machen wollten, mit den Worten "macht das Haus meines Vaters nicht zur
Markthalle!" Joh. 2.16.
Braucht auch die St. Hedwigs-Kathedrale eine Tempelreinigung? (Schnorr von Carolsfeld, 1860) |
Werbung und Geldtransaktionen in
der Kathedrale
Im Juli 2014 waren die 15 Beiträge zur
zweiten Phase des Realisierungswettbewerbs in der Kathedrale ausgestellt. Seit
August 2014 wurde in der nördlichen Nische des Gotteshauses, umrahmt von Bild-
und Schrifttafeln, das zum Sieger gekürte Modell für einen Umbau des
Kirchenraumes präsentiert. Ein großer Aufkleber am Sockel fordert zu
Geldspenden „für die Renovierung der Kathedrale“ auf.
Spendenwerbung zu einer "Renovierung" mit einem Umbaumodell in der St. Hedwigs-Kathedrale seit August 2014 |
Welche Haltung hat die Domgemeinde zu dieser
Nutzung des Andachtsortes?
Im Kirchenvorstand der Domgemeinde St.
Hedwig, die Eigentümerin der St. Hedwigs-Kathedrale ist, wurde ein Antrag zur
Verlegung dieser Ausstellung beraten. Es wurde vorgeschlagen, Modell und
Tafeln, die Anlass zu Gesprächen, Diskussionen und Geldtransaktionen sind,
an einem Ort zu präsentieren, wo dies besser möglich ist, ohne dass sich
betende Gläubige in ihrer Andacht gestört fühlen könnten. Das Kathedralforum im
benachbarten Bernhard-Lichtenberg-Haus böte den angemessenen Rahmen und eine
anregende Atmosphäre, um bei einer Tasse Kaffee ins Gespräch zu kommen.
Angeführt von Domvikar Marra, der in der Amtszeit des damaligen Berliner
Erzbischofs Woelki zum Pfarradministrator ernannt worden war (Mai 2012), wurde
der Antrag im Kirchenvorstand abgelehnt. Modell, Ausstellung und
Spendenwerbung verblieben in der Kathedrale.
Umdekorierung der Werbenische in der Kathedrale
Zu Weihnachten 2014 wurde eine
Umdekorierung der Nordnische des Kirchenraumes vorgenommen. Das auf einem
Sockel erhöht stehende zentrale Modell und zwei flankierende Banner mit Texten
und Bildern bilden die moderne Variante eines Triptychons, dem typischen
Andachtsbild in vielen Kirchen.
Triptychon-Beispiel: Das Jüngste Gericht, Hans Memling, 1470 |
Doch bei genauerer Betrachtung zeigt
sich, dass die Installation keinen religiösen, sondern einen anderen Zweck
verfolgt. Nach wie vor steht das Modell auf einem Sockel, der eine große
Spendenbox bildet. Dort prangt ein Werbeaufkleber, der mit einem farbigen Pfeil
und der Aufforderung zur Spende „für die Renovierung“ bedruckt ist.
Fehlversuch zur Rechtfertigung der Geldverschwendung in der St. Hedwigs-Kathedrale seit 2014 |
Der Rechtfertigungstext für
Planungsprobleme
Die rechts davon aufgestellte Tafel
enthält eine 42-zeilige Liste von Rechtfertigungen, Versprechungen und
Änderungsankündigungen der Planer. Bei dem durchgeführten
Realisierungswettbewerb ist der Siegerentwurf auszuführen. Offensichtlich gibt
es diverse Gründe, die das ausschließen. Da braucht es viel Wortakrobatik, um
Argumente zu konstruieren, die weitere Kosten in Höhe von 1,5 Mio. Euro nur für
Planungen, Änderungen und Fehlerkorrekturen rechtfertigen.
Am Ende des langen Textes stellt sich
der von Kardinal Woelki beauftragte und von Prälat Przytarski für die Zeit
der Sedisvakanz bestätigte Koordinator des Erzbistums für die Sanierung
und Umgestaltung der Kathedrale, Dompropst Prälat Rother, als Leiter des
Projekts vor. Er versichert, im Gespräch bleiben und auf Fragen, Anregungen sowie
Kritik eingehen zu wollen. Interessierte müssen längere Zeit im Umgang
hinter den Kirchenbänken stehen, wenn sie den gesamten Inhalt der Tafel erfassen
wollen.
Animierung zur Mobilfunknutzung
Die Gläubigen und Besucher werden vom Erzbistum mit die Werbung aufgefordert, im Gotteshaus zu Simsen, während andere beten möchten. |
Die Installation ist in dieser Nische sehr werbewirksam platziert. Eintretende Besucher werden von den Lichtpunkten der Kerzen unter dem Andachtsbild der Gottesmutter Maria in der nächsten und der Krippe in der übernächsten Nische angezogen. Auf dem Weg zu Besichtigung und Fürbitte nimmt man die Werbung im Vorübergehen schon wahr. Nach dem Gebet trifft die Spendenaufforderung auf dem Rückweg direkt in das mild gestimmte Herz des Gläubigen.
Neuerdings wird mit dieser schon lange von Erzbistum verbreiteten Werbung, zur Unterstützung von "Umbau und Sanierung" aufgefordert.
Auf der Internetseite "www.erzbistumberlin.de" wird zeitgleich eine Onlinespende für die "Sanierung und Umgestaltung der St.
Unwissenheit oder Täuschung?
Unter dem Modell vom Umbau des
Innenraums der Kathedrale nach dem Abriss des bestehenden intakten Innenausbaus
steht die Spendenaufforderung des Erzbistums Berlin:
"FÜR DIE RENOVIERUNG DER KATHEDRALE
BITTEN WIR UM IHRE HILFE – BITTE SPENDEN SIE" Der große
Pfeil weist auf den Schlitz zum Geldeinwurf.
Unter dem Modell zum Umbau der Kathedrale wird Geld für die Renovierung eingeworben, die gar nicht geplant ist. |
Eine
kurze Internet-Recherche würde selbst baufachlich Unkundigen verdeutlichen,
dass "Renovierung" der falsche Begriff dafür ist, was mit der St.
Hedwigs-Kathedrale geschehen soll. Bei einer Renovierung geht es um die
Instandsetzung "von schadhaft, unansehnlich gewordenen Gebäuden" (lt.
Duden). "Man beseitigt Schäden aufgrund von Abnutzung durch den
gewöhnlichen Gebrauch und stellt den ursprünglichen Stand der Nutzbarkeit wieder
her" heißt es z. B. bei Wikipedia weiter.
Hat bei den Verantwortlichen des
Erzbistums niemand den Sachverstand, den tatsächlich geplanten Umbau von einer
Renovierung zu unterscheiden?
Oder ist es nicht Unwissenheit, sondern
Kalkül, das die Verantwortlichen veranlasste, den irreführenden Begriff zur
Spendenwerbung zu nutzen? Das ist in der Bischofskirche eines Erzbistums
kaum vorstellbar. Es wäre eine bewusste Täuschung gutgläubiger Kirchgänger und
Besucher, die keine baufachlichen Kenntnisse haben und dem geschriebenen Wort
ihrer Seelsorger in einem geweihten Gotteshaus vertrauen. Sollte ihre Erwartung
auf Wahrheit an heiliger Stätte derart missbraucht werden?
Es gibt eine Bildkarte, die zwar
plakativ, aber kurz und prägnant den Widerspruch zwischen Tatsachen und
Werbung zusammenfasst.
Die Hoffnung bleibt
Den Gläubigen der Erzdiözese Berlin
bleibt die Hoffnung auf einen vom Heiligen Geist erfüllten, klugen neuen
Erzbischof, der dem Beispiel Jesu folgt und der Kathedrale ihre Würde
zurückgibt. Mit Gott und Glück könnte er entscheiden, dass nach der
Fehlnutzung auch die Pläne, die Kathedrale zu einer Mehrzweckhalle umzubauen,
beendet werden.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen