Der denkmalgeschützte Innenraum der Hedwigskathedrale, 1963 von Prof. Hans Schwippert geschaffen, seit 2018 geschlossen und im Zuge eines Radikalumbaus in Verantwortung von Erzbischof Koch zerstört.

Donnerstag, 19. Dezember 2024

Sankt Hedwig Mitte – Im Wahn des neuen Babel

METROPOLIS und SANKT HEDWIG MITTE  –  Wie sich die Filmsets gleichen

Am 16.12.2024 zeichnete das ZDF in der radikal umgebauten Kuppelhalle der ehemaligen St. Hedwigskathedrale eine kultische Veranstaltung auf, die deutschlandweit live gesendet wurde und in der Mediathek weiterhin zu besichtigen ist.

Dabei war die Ähnlichkeit der entleerten Halle mit dem Filmset der dystopischen Stadt Metropolis nicht zu übersehen, die Fritz Lang 1927 in seinem gleichnamigen Stummfilm in Szene setzte. Die gigantomane, entmenschlichte Kulisse der Stadt Metropolis, vor der der Film warnt und die in ihm durch Empathie hoffnungsvoll überwunden wird, scheint in der geometrischen Rundhalle von Sankt Hedwig Mitte wiedererstehen zu sollen. 

Blockartige Kolonnen von gleichgeschalteten Subjekten
umstehen ein zentrales gepmetrisches Idol.
Sankt Hedwig Mitte Berlin gleicht dem Filmset
der entfremdeten Welt der Stadt Metropolis.


Die mechanisierte, von Eliten gelenkte Welt, in der Maschinenmenschen an zugewiesenen Plätzen gleichgeschaltete Blöcke bilden, wird zum Ideal der räumlichen Versuchsanordnung der Eventlocation "Sankt Hedwig Mitte". Gefühlskälte und Sterilität sind die Mittel, um einen abgerundeten Betonblock zum Kultobjekt zu stilisieren.

Im Film Metropolis, der auf Thea von Harbous gleichnamigem Roman beruht, wird als Schlüssel zur Überwindung dieser berechnenden, entfremdenden Welt der Ausweg erkannt:
"Mittler zwischen Hirn und Händen muss das Herz sein."
Aus der entleerten Halle von Sankt Hedwig Mitte ist das Herz verbannt.
Alles,
womit die ehemalige Hedwigskathedralewas durch Erlebnisse und Gebet aufgeladen wurde, ist bilderstürmerisch zerschlagen und eliminiert worden.

Fast hundert Jahre nach Metropolis phantasierten diejenigen, die das Gotteshaus der Hedwigsgemeinde trickreich in ihren Besitz brachten, wieder von der Erschaffung des Turms zu Babel. In ihrer Hybris wollten Planer etwas Niedagewesenes, die Kathedrale des 21. Jahrhunderts, "the furture cathedral", obwohl ihnen grundlegende Planungs- und Gestaltungsmittel fehlen.
Radikale Reduktion, das Gegenteil von Gestaltung, wird als Kunst verkauft.
–  Geometrische Betonklötze werden zu liturgischen Objekten erklärt.
–  Nuten in Fußbodenplatten sollen zur Kreuzwegmeditation animieren.
–  Bläschen in trübem Fensterglas will man als eingefrorene kosmische Konstellation ausgeben.

Umständlich beschriebene Kopfgeburten, also Hirngespinste, ersetzen nun das zerstörte Kulturerbe, jenes 1963 vollendete Raumkunstwerk, das unter Leitung von Hans Schwippert von bedeutenden Künstlern geschaffen worden war.

Sankt Hedwig Mitte ist nur noch eine herz- und seelenlose Hülle,
die einen neuen Kult begründen soll, ein neues Babel. Es ist ein Mahnmal eitler Hybris.

Touristen werden staunen, wie sich geistliche Herren für Dutzende Millionen das große Nichts andrehen ließen – von allen guten Geistern verlassen.