Der denkmalgeschützte Innenraum der Hedwigskathedrale, 1963 von Prof. Hans Schwippert geschaffen, seit 2018 geschlossen und im Zuge eines Radikalumbaus in Verantwortung von Erzbischof Koch zerstört.

Montag, 31. März 2025

Sankt Hedwig Mitte – Schaudepot für Barrieren

Die Veranstaltungshalle des Erzbistums Berlin am Bebelplatz ist ein Schaudepot für Absperrungen allerlei Art. Darüberhinaus können Lehrlinge und Studenten aus dem Bereich Bauwesen das Objekt als Expeditionsparcours zum Studium von Planungs- und Baufehlern nutzen.  

Das kalkige, kahle und fade, fahle Einerlei der weißen Kuppelhalle lässt selbst die Bauherren und Nutzer schneeblind werden. Alle Objekte, die zur Orientierung und Nutzbarkeit erforderlich sind, amüsieren durch ein Wirrwarr von Materialien, Formen und Farben. Es ist ein absurdes Vergnügen, in der nichtssagenden leeren Hülle auf Schnitzeljagd zu gehen. Auf Schritt und Tritt begegnen dem aufmerksamen Beobachter skurrile Details. Es fallen die hilflosen Versuche der Hausherren auf, Ordnung in Chaos und Ziellosigkeit zu bringen. Die dominierende visuelle Kommunikation mit den Besuchern sind Zugangsverbote in bunter Vielfalt. Sie finden sich vor Türen, Treppen und Nischen.

Zusammenstellung einer Auswahl der ausgestellten Sperren
im Schaudepot für Barrieren  "Sankt Hedwig Mitte"


Da gibt es Goldständer mit Kugelknauf und knallroten Kordeln, die aus Varietétheatern, Tanzetablisments und Spielhallen bekannt sind.

Aus Tanzbars und Nachtklubs bekannte Goldständer mit knallroter Kordel
 

Nebenan finden sich, ganz in schwarz gehalten, platte Riemen zwischen Metallpfosten, wie sie zur Zähmung von Besucherandrang in Behörden und Flughäfen verwendet werden. Putzig wirken dagegen die dunklen Ministäbe, zwischen denen dünne Drahtseile in nur 20 cm Höhe hängen. Sie scheinen zur Unterhaltung von Kindern aufgestellt zu sein, um zum Hopsen und Springen aufzufordern. Schnipsel aus Klebeband bilden auf dem Fußboden Linienmuster, um an unsichtbaren Kanten, die arglosen Besucher vor einem Sturz zu warnen.

An Bodenabsätzen aufgeklebte Schnipseln von Plastikbändern
sollen ahnungslose Besucher vor Stolpergefahr warnen


Zur Abwechslung gegenüber golden glänzenden und schwarzen Objekten gibt es auch silberfarbene Aufsteller, die Verbotsschilder tragen. Dieses chaotisch bunte Sammelsurium hat auch die Bauarbeiter animiert, sich dem Wettstreit um die größte Peinlichkeit anzuschließen. Monate nach der bombastisch begangenen Eröffnungswoche (24.11.2024 bis 01.12.2024), die den über sechs Jahre dauernden Radikalumbau beenden sollte, gehören Handwerker weiterhin mit ihren Utensilien zum gewohnten Bild der sog. "Hauptstadtkathedrale". Die kreativen Bauarbeiter basteln aus verfügbaren Materialresten, wie Holzleisten und rot-weißen Absperrbändern aus Plastik filigrane, pittoreske Barrieren, um meditativ Pilgernde in der geöffneten Bethalle vor Unfällen zu bewahren.

Mehr als drei Monate nach der Eröffnung von Sankt Hedwig Mitte
begegnet den Besuchern eine Kollektion verschiedenartiger Sperren
in Holz, Plastik und Metall in vielen unterschiedlichen Farben

Überall sind Fehler und Schäden auszubessern. Am 21.01.2025 stürzte ein Glaselement aus der neu eingebauten Unterkuppel von 30 Meter Höhe zwischen eine geführte Besuchergruppe. Glücklicherweise kam keine Person zu Schaden, aber die Kathedrale wurde umgehend geräumt. Dieser personengefährdende Bauschaden und die daraus für das öffentlich zugängliche Gebäude gezogenen Schlussfolgerungen wurden vom verantwortlichen Erzbistum Berlin nicht öffentlich kommuniziert.

Am 28.02.2025 ist wegen öffentlich eingeräumten Schadens an der neu eingebauten Kryptadecke aus Stahlbeton die düstere Taufgruft "bis auf weiteres" gesperrt worden.

Ginge es um Opa Heiners Gartenlaube, die ohne richtige Handwerker und mit bescheidenen Mitteln zusammengeschustert worden ist, würden die Schrebergärtner ihrem Nachbarn Heiner ob seiner naiven Bastelei auf die Schulter klopfen und das dilettantische Vorgehen gutmütig belächeln. 

Doch in der schadens- und störungsreichen Dauerbaustelle "Sankt Hedwig Mitte" hat Heiner Koch etwa 80 Millionen Euro versenkt (nach bisher eingestandener Kostenschätzung). Deshalb sind all die Baufehler und Peinlichkeiten nur erschreckend und empörend. Das dafür zu einem Drittel öffentliche Mittel vereinnahmt wurden, müsste eine öffentliche Untersuchung nach sich ziehen, ob sich das Erzbistum Berlin einer vorsätzlichen Veruntreuung von allgemeinen Steuermitteln schuldig gemacht hat.

 

Mittwoch, 26. Februar 2025

Sankt Hedwig Mitte – Toilettentempel am Bebelplatz

Sankt Hedwig Mitte – Ein Ort der Entleerung    

* * *   Beachte Aktualisierung am Schluss !  * * *

Für Spaziergänger mit Darmdruck und voller Blase lockt in Berlins Mitte unter der nackten Kuppel neben der Staatsoper die Erlösung. Ein goldfarbenes Zeichen über dem Mitteleingang weist den direkten Weg zu den Toiletten. 

Der zentrale Eingang führt direkt zu den Unisex-Toiletten.

Wer die verglaste zentrale Tür durchschritten hat, wird von einem weiten schwarzen Maul eingesogen. 

Der Bedrängte muss sich zum bedrückenden Abstieg überwinden.
 

Durch den Treppenschlund geht es tief hinab. Manche empfinden den riskanten Abstieg – stolpernd über nicht enden wollende Stufen – als seien sie in einen lichtlosen Darmtrakt geraten.

Nur mit Überwindung ist das ersehnte Ziel – der Stuhlgang in der Gruft – erreichbar.

Endlich im dunklen Gruftkeller angekommen, zeigen sich links und rechts die ersehnten Auswege. Zettel mit den Buchstaben "WC" kleben an Klappen, die Öffnungen zu der erhofften Entlastung freigeben.

Im Toiletten-Foyer schwärzten die Maler
noch drei Wochen nach der Eröffnung die Treppenröhre.



Mit einem Lächeln erreichen die Bedrängten den Sehnsuchtsort.
Welch ein Glück!
Erleichterung.
Vollständiger Ablass von innerer Belastung
durch frohe Verrichtung der Notdurft.
Das große Ziel ist erreicht – der Stuhlgang.


Für Hygiene-Fetischisten bietet ein eckiger Trog aus schwarzem Beton die Möglichkeit einer Ganzkörperreinigung inmitten eines Stuhlkreises. Anderen Erleichterte können, während sie ihre Stuhlsitzung meditativ fortsetzen, die ritualisiere Säuberung des Abtauchenden beobachten.

Nur mit Vorsicht besteigbarer kantiger Betonpool inmitten der Gruft.



Besondere Stuhlgangzeremonien werden mit der Segnung durch einen Herrn in feierlichem Ornat abgeschlossen. 

Nach dem Stuhlgang erwarten die Erleichterten
im Stuhlkreis eine Segnung durch den Bischof.

 

Der separierte Stuhl als Symbol des Stuhlgangs im Ort der Entleerung

Der separierte Stuhl steht für den Stuhlgang als prägende Symbol, das sich im gesamten Tempel vielfach wiederholt, sowohl im dunklen Keller, wie auch in der bleichen Kuppelhalle darüber. Der alleinstehende Stuhl, getrennt und mit Abstand von allen anderen, feiert den befreienden Stuhlgang, die Trennung von Unverdaulichem und Unerwünschtem. Ergänzend dazu steht die Leere der Kuppelhalle für die gänzliche Entleerung infolge Übelkeit bis zur Substanzlosigkeit.

Der separierte Stuhl in Sankt Hedwig Mitte als Symbol des Stuhlgangs.

 

Textvorschlag für Touristenführer

Das stille Örtchen in Berlins Mitte 

Toilettenanlage in der Nähe des Boulevards "Unter den Linden", barrierefrei dank Außenrampe und Aufzug. Sie befindet sich im Keller des Kuppelbaus zwischen Staatsoper und Hotel de Rome. Die WCs sind Teil eines, dank staatlicher Subventionen zur freien, allgemeinen Nutzung bestimmten, öffentlichen Meditationsbereichs (Bezeichnung: "Sankt Hedwig Mitte").

Der Zugang zur Bedürfnisanstalt ist nicht zu verfehlen. Durch den zentralen, mittleren Torbogen des barocken Portikus geht es geradewegs zum Toiletteneingang. Wem die lange Treppe in den Keller mit 18 hohen Stufen ohne Zwischenpodest zu steil und zu dunkel ist, der kann den Aufzug nutzen, der nur wenige Meter rechterhand zu finden ist. So gelangt man auf verschiedenen Wegen zu den beiden Unisex-Toiletten, die jeweils barrierefrei ausgestattet sind.

Touristen und nichtkirchliche Gäste dürfen nicht abgewiesen werden. Wenn Sicherheitskräfte die Motivation zu kontrollieren versuchen und nach dem Anliegen fragen, kann jeder wahrheitsgemäß folgendes ausführen:
"Es bedrückt mich etwas. Es drängt mich, einen ruhigen Ort aufzusuchen, wo ich abseits der Hektik der Stadt zu mir kommen kann und mich meditierend erleichtern kann. So möchte ich dem häufig und deutlich publizierten Ruf folgen:
Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid ! – "

 

* * *   Aktualisierung   * * *

Toiletten-Tempel am Bebelplatz bis auf Weiteres geschlossen

Am 28.02.2025 wurde der Toiletten-Tempel am Bebelplatz von seinem Betreiber, dem Erzbistum Berlin, wegen Bauschadens bis auf weiteres gesperrt. Der zentrale Eingang, der Zugang zum angestrebten Ort der Erleichterung, der WC-Anlage im Untergeschoss, bleibt einstweilen geschlossen. Mit einer Pressemeldung des Erzbistums Berlin wurde die Öffentlichkeit von dieser Einschränkung der hygienischen Infrastruktur für den Tourismus in Berlin Mitte informiert. Das Erzbistum Berlin verantwortet den sechs Jahre dauernden Umbau und damit auch die daraus resultierenden Schäden. Die staatliche Investition von mehr als 20 Mio. Euro hat sich für diejenigen, die auf die Zugängslichkeit der öffentlichen Toiletten warteten, nichtrentiert.

Noch kann nicht angegeben werden, wann das Erzbiistum Berlin seinen schadhaften Umbau repariert haben wird.

 

Mittwoch, 29. Januar 2025

Sankt Hedwig Mitte – Das Monster-Iglu des Yeti ?

Was verbirgt sich unter der kreuzlosen Kuppel am Bebelplatz?
Sechs Jahre lang hatte eine geschlossene Bretterwand Einblicke verwehrt.
Seit Ende 2024 werden Touristen mit Werbung an Litfaßsäulen und in U-Bahntunneln zum Besuch des umgebauten Inneren aufgefordert. 

Überdimensionierte Tore 

Doch viele, die den Weg auf sich genommen haben, fühlen an den riesigen Glastoren abgewiesen. Am vermeintlichen Eingang spielen sich bisweilen kuriose Szenen ab. Menschen, die vor den 5 Meter hohen Torflügeln wie Liliputaner wirken, zerren an ihnen und drücken, müssen aber aufgeben. Doch dann öffnet sich anderswo ein Flügel, wenn ein starker Mann den Widerstand überwunden hat.
Offensichtlich sind die Tore nicht für Menschen konzipiert.
Das zeigt sich denjenigen, die es in den Windfang geschafft haben. Sie stehen abermals vor extrem hohen Toren, diesmal aber pechschwarz und undurchsichtig, die sich ähnlich sporadisch öffnen, wie die äußeren Glastore. 

Ein Iglu für Riesen 

Wer bis ins Innere vorgedrungen ist, sieht ein schneeweißes, riesiges Iglu mit einem runden Loch am höchsten Punkt, das mit einer bläulich-transparenten Plastikfolie abgedeckt ist. An der Decke meint man die Fugen der Eisblöcke zu erkennen, aus denen die Kuppel zusammengefügt sein könnte.
Für Inuit ist dieses Iglu allerdings überdimensioniert.
Die Größe der Tore und der Kuppelhalle ist für Riesen ausgelegt. Hier wurde offensichtlich dem Yeti eine Heimstatt bereitet. 

Vorsicht vor dem Yeti ! 

Sollte der Yeti dieser Einladung folgen, müssen sich Besucher vorsehen, nicht unter seinen Füßen zermalmt zu werden. 

Sankt Hedwig Mitte – nicht als Gotteshaus
oder für gläubige Menschen konzipiert –
sondern wohl als Monster-Iglu für den Yeti