Brachiale Geschichtstilgung als Instrument der Machtgier
Um Alleinstellung vorzutäuschen und Machtfülle zu erheischen, haben Despoten zu allen Zeiten Geschichte verleugnet und das Andenken an Vorgänger getilgt. Was für die große Weltpolitik zutrifft, gilt ebenso für die kleinen Führer unbedeutender Institutionen.
Der jetzige chinesische Staatspräsident, der sich als "überragender Führer" verehren lässt, will die Erinnerung der von ihm beherrschten Völker ausradieren durch Zensur, Repressalien und Gewaltakte. Im Dezember 2021 hat er im unterworfenen und gleichgeschalteten Hongkong eine Skulptur in der Universität entfernen lassen, die an die blutige Niederschlagung der Protestbewegung im Jahre 1989 auf dem Tian'anmen-Platz in Peking gemahnte (s. Beitrag der SZ).
Kleingeistige Führer, die selbst nichts Bleibendes initiieren können, versuchen durch die Zerschlagung von Bedeutungsvollem Aufmerksamkeit zu ergattern. Städte wurden verwüstet, Gebäude gesprengt und Monumente zerstört, um sich nicht mit erfolgreichen Vorgängern im Lichte ihrer Errungenschaften messen lassen zu müssen. Krümel werden aber nicht zu Felsen, wenn Gebirge eingeebnet werden. Bisher hat die Geschichte immer diejenigen, die in wahnwitziger Selbstüberhöhung nur destruktiv agierten, als Zwerge entlarvt.
Der zur Zeit auf dem Berliner Bischofsstuhl sitzende Heiner Koch hat das Innere der Hedwigskathedrale ohne Not in den desaströsen Zustand versetzen lassen, wie er sich 1944 nach den Kriegszerstörungen der betrübten Gemeinde darbot. Was die Gemeinde in entbehrungsreichen Jahren aus den Trümmern bis 1963 wiedererstehen ließ und ihr voller Dankbarkeit Heimat war, ließen aus Köln zugereiste kirchliche Amtsträger seit 2018 demolieren und entstellen. Am Kirchweihtag 2021 wurde der vollständige Abbruch des denkmalgeschützten Innenausbaus im Verborgenen gefeiert. Zum Abschluss ihres Zerstörungswerks prosteten sich Koch und die übrigen Abrissbeteiligten mit der einen oder anderen Flasche Bier zu.
Die immer gleichen Methoden offenbaren, das es stets nur um Machtgewinn geht, auch wenn die propagierten Ideologien sich unterscheiden mögen.