Der denkmalgeschützte Innenraum der Hedwigskathedrale, 1963 von Prof. Hans Schwippert geschaffen, seit 2018 geschlossen und im Zuge eines Radikalumbaus in Verantwortung von Erzbischof Koch zerstört.

Freitag, 23. Januar 2015

"… ein paar Millionen mehr in die Hand nehmen"

Wie ein verschuldetes Erzbistum im Dekor einen Umbaugrund erfand, um wenigstens beim Geld ausgeben zu den ganz Großen zu zählen.

Sanierung ist dringend erforderlich

Gläubige haben sich seit Jahren gewünscht, dass etwas gegen die Vernachlässigung ihrer Bischofskirche unternommen wird und wäre es nur die Pflege, wie sie jeder Eigentümer seiner Immobilie zuteil werden lässt, um deren Wert zu erhalten. Ungleich mehr gilt dies für ein Gotteshaus, das nicht profane Zwecke erfüllt, sondern eine ideelle Bestimmung hat und emotional geschätzt wird.

Mit dem Etikett „Sanierung“ Spenden sammeln und dabei den Umbau planen

Da bewegten die Aufrufe des Erzbistums, für die Sanierung ihrer Kathedrale zu spenden [1]die bereitwilligen Herzen der Katholiken. Wer wollte sich der Instandhaltung des zentralen Gotteshauses der Diözese verschließen, zumal das Erzbistum verschuldet [1] ist?
Während das Erzbistum noch im Mai 2014 zu Spenden für die Sanierung der Kathedrale aufrief [2], ging Kardinal Woelki schon im Februar 2014 von einer Umgestaltung aus. So sagte er der Berliner Morgenpost am 2. 2. 2014, er rechne mit erheblichen Diskussionen. "Für die Christen aus dem Osten war St. Hedwig ein wichtiger Ort der Freiheitserfahrung. Es wird manchem schwerfallen, sich eine Umgestaltung vorzustellen." [3] Dessen ungeachtet hat das Erzbistum in allen seinen Pfarrgemeinden noch am 9. November 2014 in einer Kollekte mit dem irreführenden Verwendungszweck Für die Sanierung der St. Hedwigs-Kathedrale Geldspenden von den Gläubigen eingeworben (s. dazu Kollektenpläne der Gemeinden). Stattdessen wurde und wird an Kardinal Woelkis Plänen zum Umbau auch nach seinem Weggang aus Berlin nach Köln festgehalten.

Mittlerweile ist offenbar geworden [5], dass nach den entstandenen Wettbewerbskosten (0,8 Mio. Euro) [4] die zwischenzeitliche Leitung des Erzbistums noch ohne Entscheidung eines neuen Erzbischofs enorme Finanzmittel für konkrete genehmigungsreife Planungen (1,5 Mio. Euro) [5] bereitstellt. Damit beginnt die unmittelbare Vorbereitung, die intakte und traditionsreiche Kathedrale mit gewaltigem Kostenaufwand ohne Not innen teilweise abzureißen und umfassend umzubauen, statt sie respektvoll zu sanieren.

Kardinal Woelki: „… ein paar Millionen mehr in die Hand zu nehmen“

Wer trotzdem noch spenden will, sollte wissen, dass es mit ein paar Hundert oder Tausend Euro jetzt nicht mehr getan ist. Dazu wäre es besser, wenn obrigkeitstreue Katholiken die Millionäre in ihrer Nachbarschaft animieren könnten, ein paar Millionen mehr in die Hand zu nehmen [6]. Es war Kardinal Woelki, der anregte, noch ein paar Millionen mehr in die Hand zu nehmen, um gleich noch umzubauen, wenn man bereits für die Sanierung in die Millionen gehen müsse. Dompropst Rother, der diesbezüglich verantwortliche Koordinator des Erzbistums, wiederholte kürzlich bei einer Projektvorstellung diese Ausführungen des ehemaligen Erzbischofs zur Begründung der kostspieligen Umbaupläne (vollständiger Wortlaut und Quellenangabe im Anhang) [6].

Jeder, der nur ein paar Euroscheine aufbringen kann, möge die Organisatoren des Superprojekts mit der mühsamen Addition ihrer Minibeiträge verschonen. Hier geht es um mehrere Dutzend Millionen Euro, die aufzubringen sind. Deshalb halten sich Normalverdiener und Kleinsparer besser heraus, um die professionellen Investitionsabläufe nicht zu stören.
Zur Finanzierung meinte Kardinal Woelki: „Lieber Gott, Du musst jetzt zeigen, was Du drauf hast. Ich verlasse mich einfach auf Dich" [3] Da sollte sich jeder Gläubige genau überlegen, ob er sich wirklich einmischen möchte.

Dem Beispiel der Limburger Bischofsresidenz folgend?

Ein Bruder im Bischofsamt (Tebartz-van Elst) aus der Kirchenprovinz Köln hat schon gezeigt, wie aus einer Sanierungsaufgabe, wenn man ein paar Millionen mehr in die Hand nimmt, ein recht passabler Wohnsitz nebst Büroräumen für den Limburger Bischof entstehen kann.
Wegen des geringen Umfangs taugt dieses Beispiel nur bedingt zum Vergleich mit Berlin, denn in Limburg wurden die veranschlagten 5,5 Mio. Euro lediglich auf bisher 31 (zum Abschluss möglicherweise 40) Millionen Euro erhöht [7].
Bei der St. Hedwigs-Kathedrale geht es natürlich um wesentlich höhere Millionenbeträge, deren wahre Größenordnung aber, nach bekanntem Limburger Muster, so lange man damit durchkommt, verheimlicht wird (s. diverse ausweichende Äußerungen von Prälat Rother, dem verantwortlichen Koordinator des Erzbistums Berlin [8] [10] ).

Fundstück: Eine Bildkarte vergleicht den lockeren Umgang mit den Millionen aus Spenden, Kirchensteuern und 
-vermögen für unnötiges Bauen bei zwei aus der gleichen Kirchenprovinz, Köln, stammenden Bischöfen 


Das zweite Copyright-Zeichen auf der Karte weist sicher darauf hin, dass die Idee zum Umbau der Berliner St. Hedwigs-Kathedrale eine Mitbringsel des ehemaligen Weihbischofs Woelki aus Köln ist, wo die damalige Dombaumeisterin Schock-Werner ihre Meinung von einem „Loch in der Mitte“ [11] der St. Hedwigs-Kathedrale im fernen Berlin erstmals 2012 medial verbreitete. Dabei verwendete die Professorin so wenig intellektuelle Ausdrücke wie „komplett verhunzt“ und „völlig hanebüchen“ [11].
Aus alter Verbundenheit wurde die Wortschöpferin des „Lochs“, von dem Kardinal Woelki so häufig predigte und sprach, in die Jury des Wettbewerbs geladen und entsprechend honoriert.


Verwendung falscher Kostenbegriffe täuscht Notwendigkeit weiterer Planung vor

In Pressemeldungen und in Äußerungen von Dompropst Rother wird der Begriff „Kostenfeststellung“ verwendet, obwohl eineKostenschätzung die richtige Entscheidungsgrundlage ist. Die aktuellen Verlautbarungen im Internet zeigen, dass der für Bauangelegenheiten und Planungsvergabe verantwortliche Koordinator des Erzbistums Berlin die Begriffe wohl nicht genau zuordnen kann. [8]

Um der Irreführung von Laien vorzubeugen, muss die korrekte Nutzung der Begriffe hier kurz beschrieben werden (s. Honorarordnung der Architekten und Ingenieure _HOAI [9] ):

Bei jedem Sanierungs- oder Bauvorhaben nimmt mit jedem Planungs- oder Baurealisierungsschritt die Kostengenauigkeit und Voraussagesicherheit zu. Im Planungsrecht sind dafür Fachbegriffe geprägt und rechtsgültig definiert worden, die den einzelnen Ausführungsständen und Leistungsphasen der Planer zugeordnet sind. Dabei müssen die Kosten entsprechend gesetzlicher Normen ermittelt und angeben werden (DIN 276, DIN 277 etc.).

Kostenschätzung

1. Grundlagenermittlung + 2. Vorplanung
Dieser Leistungsumfang war im Realisierungswettbewerb zur Kathedrale gefordert und die dafür notwendigen Ergebnisse waren zu erarbeiten. Sie können dem künftigen Erzbischof zur grundsätzlichen Entscheidung vorgelegt werden. Den Gläubigen wurden diese Kostendaten aber bislang vorenthalten, trotz intensiver Nachfragen [10].
Erst nach der Grundsatzentscheidung werden die zur direkten Bauvorbereitung erforderlichen Planungen und Kostenermittlungen ausgeführt, die langwierig und kostspielig sind.
Um der Geldverschwendung für nicht nutzbare Planungen entgegenzuwirken, bietet die Kostenschätzung eine gesetzlich vorgeschriebene Genauigkeit für Entscheidungen.

Danach erfolgt der Übergang zur unmittelbaren Bauvorbereitung und -ausführung
(Den Entschluss zu diesem Schritt haben die im Erzbistum Berlin für die Zeit der Vakanz Verantwortlichen im Vorgriff auf eine erzbischöfliche Grundsatzentscheidung nun schon selbst gefasst. War es ein Versehen oder Absicht?)

Kostenfeststellung

3. Entwurfsplanung (zeichnerische Lösung für den Bauantrag)
4. Genehmigungsplanung (Vorlagen und Anträge zusammenstellen und einreichen)
5. Ausführungsplanung (Planung aller Baudetails für die Ausführung nach der Genehmigung)
6. Vorbereitung der Vergabe (Leistungsbeschreibungen – Ausschreibungen – für Handwerker)

Kostenanschlag 

(auf Basis eingeholter Handwerkerangebote)
7. Mitwirkung bei der Vergabe (Einholen von Angeboten und Aufstellen eines Preisspiegels)

Leistungsabrechnung 

(Prüfung der Endpreise der ausgeführten Leistungen bei Fertigstellung)
8. Bauüberwachung + 9. Dokumentation (Überwachung der Bauausführung) 

Es ist eine baufachliche Aufgabe der Bauherrschaft, die Planer zu kontrollieren

Die o. g. 4 Fachbegriffe sind 9 Planungsphasen zuzuordnen. Das ist eine leichte Aufgabe für ingenieurtechnisch Ausgebildete. Geistliche arbeiten auf anderen Gebieten. Nur so ließe sich erklären, dass vom Koordinator, Prälat Rother, „Kostenfeststellung“ mit „Kostenschätzung“ verwechselt wurde. Die Planer, die als Auftragnehmer vom Bauherrn zu kontrollieren sind, sollten diesbezüglich nicht als Berater fungieren, da sie ihr eigenes Honorar im Blick haben.

Ist Prälat Przytarski ausreichend informiert, der als Diözesanadministrator die Hauptverantwortung trägt? 


Was würde Papst Franziskus zu all dem sagen? 

Inspiriert von den Predigten des Heiligen Vaters kommen mögliche Antworten in den Sinn, bei dem Vorschlag, ein paar Millionen mehr in die Hand zu nehmen, um ein intaktes Gebäude umzubauen, statt es zu sanieren.

Umbau statt nur Sanierung – Warum Wertvolles und Nützliches wegwerfen? 
„… ein paar Millionen mehr jede einzelne Million ist sparsam zu nutzen. 
„…  in die Hand nehmen – Christus mit dem Herzen folgen und lieber geben.


Quellen
Die Fußnoten des Textes beziehen sich auf die im folgenden aufgeführten Quellen, die zur Überprüfung oder Vertiefung des Themas im Einzelnen nachgewiesen sind.  Sie sind unter dem Button „Weitere Informationen“ abrufbar.